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SEID DOCH LAUT – Zeitzeuginnengespräch mit Ulrike Poppe und Almut Ilsen am 29. September

29. September, 19 Uhr

SEID DOCH LAUT! Unter diesem Motto berichten am Die., 29.9.2020 um 19 Uhr in der Gethsemanekirche die Bürgerrechtlerinnen Ulrike Poppe und Almut Ilsen über die Arbeit der Frauen für den Frieden in Ostberlin in den 1980er Jahren. Vor dem Gespräch findet von 18 bis 18:45 eine den Menschen in Belarus gewidmete Andacht statt, ebenfalls in der Gethsemane-Kirche. 

Schwerpunkt der Andacht wird die Lage und Rolle der Frauen in Belarus sein, insbesondere im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen im August und die seither andauernden, in starkem Maß von Frauen getragenen Protesten gegen die Wahlfälschungen in ganz Belarus. 

Hintergrund: Über Frauen für den Frieden
Im März 1982 hatte die DDR-Volkskammer ein Gesetz verabschiedet, das die Einbeziehung von Frauen in die allgemeine Wehrpflicht ermöglichte. Sieben Frauen formulierten einen Protestbrief, den insgesamt etwa 130 Frauen aus Berlin und Halle (Saale) unterschrieben. Aus dieser Aktion im Herbst 1982 entstanden die „Frauen für den Frieden“ in Ostberlin und DDR-weit.
SEID DOCH LAUT ist eine Gemeinschaftspublikation der Akteurinnen von damals und erzählt die Geschichte der Ostberliner Frauen für den Frieden. Sie hatten jedoch Gleichgesinnte in der gesamten DDR, die sich an ihren jeweiligen Orten ebenfalls als Frauen für den Frieden zusammenschlossen.

Die Aktionen der Frauen riefen unverzüglich die DDR-Sicherheitsorgane auf den Plan. Das Ministerium für Staatssicherheit vermutete zwar für längere Zeit Männer und westliche Geheimdienste als Drahtzieher, sah aber bereits im Herbst 1982 die Gefahr der Entstehung einer oppositionellen und unabhängigen Frauenbewegung.

Die Frauen für den Frieden gründeten sich in einer Zeit europaweiter und blockübergreifender Proteste gegen atomares Wettrüsten. Die Frauen in der DDR agierten dabei in einem Staat, der sich ganz wesentlich über ein Feindbild legitimierte. Vom Kindergartenalter an wurde die Bevölkerung auf den Kampf der Systeme eingeschworen. Es gelte, so die Doktrin, sich gegen den kapitalistischen Westen und die Waffenarsenale der NATO zur Wehr zu setzen.

Die Diskussion:
Welchen Anteil hatten die Frauen für den Frieden am Einsturz der paternalistisch geprägten Diktatur in der DDR? Viele der Frauen in der Aktionsgruppe hatten kleine Kinder. Wie ließen sich politisches Engagement und Familie vereinbaren? Welche Rolle spielte ihre Vernetzung – sowohl innerhalb der DDR, aber auch mit West-Berliner, westdeutschen und internationalen Akteur*innen, und die Einbettung in die internationale Friedensbewegung von unten? Was ist nach 1989 aus den „Friedensfrauen“ geworden? Welche Parallelen, aber auch Unterschiede lassen sich ziehen zu den heutigen Ereignissen in Belarus?

Andacht und Zeitzeugengespräch am 29.9.
finden unter Einhaltung der COVID-19-bedingten Schutzmaßnahmen statt. Besucher werden dringend gebeten, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Kurzfristige Änderungen aufgrund der COVID-19-Entwicklungen sind nicht auszuschließen und werden auf www.ekpn.de sowie https://www.facebook.com/ekpn.de/ mitgeteilt.

Hintergrund: Die politischen Andachten in der Gethsemane-Kirche
finden seit Sommer 2017 täglich um 18 Uhr statt. Im Mittelpunkt stehen zu Unrecht Verfolgte in der Türkei, aktuell in Belarus und weltweit.
Seit Ende August 2020 sind die Andachten jeweils Dienstag bis auf weiteres den Menschen in Belarus gewidmet. Dieses aktuelle Anliegen verbindet die Organisatorinnen der Andachten mit Almut Ilsen und Ulrike Poppe. Beide haben eine Solidaritätsnote von Bürgerrechtlerinnen der ehem. DDR für die Demonstrant*innen in Belarus unterzeichnet. Sie selbst waren in den 1980er Jahren auf Schutz durch internationale Öffentlichkeit angewiesen. So kamen Ulrike Poppe und Bärbel Bohley u.a wegen öffentlicher Proteste Westberliner Frauen nach einer Verhaftung wieder frei.

Die Andachten in der Gethsemane-Kirche sind überkonfessionell. Sie stehen unter dem Motto „Wachet und betet – Freiheit jetzt!“ Anlass war 2017 die Verhaftung von Gemeindemitglied Peter Steudtner während eines Seminars von Amnesty International in der Türkei. Nachdem Peter Steudtner im Herbst 2017 freikam, gingen die Andachten weiter. Täglich um 18 Uhr, bis heute, unterbrochen nur durch den Lockdown aufgrund von COVID-19.

Die Andachten werden in der Tradition der „Kirche von unten“ von einem Initiativ-Kreis organisiert und getragen.