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Seenotrettung: Evangelische Kirche will Schiff ins Mittelmeer schicken – Offener Brief des Landesbischofs Dr. Markus Dröge

Liebe Schwestern und Brüder,

der Beschluss des Rates der EKD, ein Rettungsschiff für das Mittelmeer zu erwerben und einer Seenotrettungsorganisation zur Verfügung zu stellen, hat viele Diskussionen ausgelöst. Die positiven Rückmeldungen überwiegen bei weitem, es gibt aber auch kritische Kommentare. Um Ihnen die notwendigen Hintergrundinformationen zur Verfügung zu stellen, wende ich mich heute an Sie.
Der Beschluss des Rates geht zurück auf eine Resolution des Deutschen Evangelischen Kirchentages in diesem Jahr in Dortmund. Über diese Resolution hat der Rat der EKD sehr intensiv beraten. Mit der Bereitstellung eines Schiffes soll ein deutliches Zeichen gesetzt werden. Jedes gerettete Menschenleben weist auf die Problematik hin, dass Menschen aus Afrika nach wie vor über das Mittelmeer unter Lebensgefahr zu uns nach Europa fliehen. Das Schiff erinnert an die humanitäre Katastrophe, die sich vor den Toren Europas abspielt. Unser Hilfsprojekt kann die Probleme nicht lösen, kann nur auf die Probleme aufmerksam machen und politische und humanitäre Lösungen einfordern.  Das Schiff ist ein Teil des Gesamtengagements der Evangelischen Kirche im Zusammenspiel mit der Diakonie Katastrophenhilfe und Brot für die Welt, die in Krisengebieten tätig sind und in vielfacher Weise dazu beitragen, Fluchtursachen zu bekämpfen. Das Rettungsschiff kann und soll die politisch Verantwortlichen mahnen, Fluchtursachen zu bekämpfen und eine konsistente europäische Flüchtlingspolitik zu entwickeln.
Für das geplante Schiff werden keine Kirchensteuermittel verwendet. Es wird ausschließlich aus Spenden finanziert. Die große Resonanz, die bereits die Kirchentagsresolution hervorgerufen hat, lässt hoffen, dass ausreichend Spenden eingehen werden, um das Projekt zu ermöglichen. Es wird ein Verein gegründet werden, der ein breites zivilgesellschaftliches Engagement motiviert und koordiniert. Die Rückmeldungen angesprochener zivilgesellschaftlicher Akteure und Organisationen hat gezeigt, wie viel Unterstützung das Projekt schon jetzt bekommt.

Für alle Fragen, die sich aus dem Beschluss der EKD ergeben, hat die EKD auf ihrer Homepage eine Seite mit FAQs eingerichtet: https://www.ekd.de/faqs-zur-seenotrettung-495888.htm. Hier sind mögliche Fragen, die sich aus dem Beschluss der EKD ergeben, beantwortet.

Liebe Schwestern und Brüder, ich teile die Einschätzung der EKD, dass das Schiff nur eine exemplarische Funktion haben kann, um auf das ungelöste Problem der anhaltenden Flucht aus Afrika hinzuweisen. Aber dennoch gilt: Jedes gerettete Menschenleben ist unendlich wertvoll! Wir dürfen nicht zulassen, wenn der Tod von Menschen als unvermeidbar hingenommen oder gar als Teil einer notwendigen Abschreckungsstrategie bewertet wird.
Ich finde es richtig, dass die EKD sich  entschieden hat, keine Kirchensteuermittel für das Schiff einzusetzen und das Schiff einer professionellen Seenotrettungs-Organisation zur Verfügung zu stellen. So kann ein breites Bündnis von gesellschaftlichen Kräften zusammenwirken, um die europäischen Regierungen auf die Notwendigkeit weiteren politischen und humanitären Handelns hinzuweisen

In dem Interview mit dem rbb finden Sie meine Stellungnahme zum Thema: https://www.rbb-online.de/rbbkultur/radio/programm/schema/sendungen/kulturtermin/archiv/20190913_1904.html?fbclid=IwAR2hZTAA6-0SNUItpNyFjYZ5mG2LMHCSN-albeqDEjybnCDDUg1jNFTmzIA.

Ich danke Ihnen für Ihre Auseinandersetzung mit dem Thema und die möglicherweise notwendigen Diskussionen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Bischof Dr. Markus Dröge