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Personal Jesus Malerei

Eine Ausstellung der Staatsgalerie Prenzlauer Berg in der Gethsemanekirche mit Jürgen Eisenacher, Ronald Lippok, Frank Siewert, Igor Tatschke & Jutta Scheiner
Im Oktober 2019 stellte die Staatsgalerie Prenzlauer Berg, anlässlich des 30. Jahrestages des Mauerfalls, Fotografie unter dem Titel »Fremdgehen durchs Land« in der Winterkirche der Gethsemane aus. Die Ausstellung orientierte sich an der politischen und geschichtlichen Bedeutung der Gethsemanekirche. Unter dem Titel »Personal Jesus« widmet sich die kommende Ausstellung dem Ort eines politischen Aufbegehrens als einem Ort des Glaubens, des Gebets und der Hoffnung auf Erlösung. Dem kuratorischen Verständnis des Glaubens wohnt der Zweifel an eine Erlösung inne. Die Erlösung durch den Glauben – sei es an einen Schöpfer, sei es an sich selbst, sei es an die Kunst – ist keineswegs gewiss. Vielmehr ist der Zweifel an Erlösung und das Ringen um sie ein Zustand von Dauer, der das Leben prägt. Der Erlösungsgedanke wird zumeist religiös verstanden oder als Wiederherstellung eines Naturzustandes. Die Ausstellung »Personal Jesus« widmet sich (auszugsweise) dem Werk von fünf Maler*innen, die über keinen religiösen Glauben verfügen, aber dennoch in ihren Bildern um ein höheres Verständnis ihres Daseins und ihrer Fragen an eine Gesellschaft ringen, welche den Künstler an den Rand ihres Weltbildes abschiebt. Von der Malerei heißt es, jedes Bild sei ein Selbstportrait. In Zwiesprache mit sich und seinem Motiv geht der Maler durch sein Bild wie durch einen Spiegel. Dieser durchaus spirituelle Weg von einer Außenwelt in die innere Welt führt in die Weite einer persönlichen Dimension.
In der Geistesgegenwart eines Personal Jesus feiert der Maler die eigene Auferstehung im Abbild seiner Zweifel, Hoffnungen und Träume. Jürgen Eisenacher hat das Drama der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer in seinen Bildern mit der Geschichte des Kolonialismus im 18. und 19. Jahrhundert überblendet. Hier gewinnt das Drama eine historische Dimension, die von Eisenacher ästhetisch bewältigt wird, ohne sie zu ästhetisieren. Ronald Lippoks Bilder senden letzte Wellen von Licht aus Welten, die allmählich verblassen. Seine Wunsch- und Trugbilder beschwören den Geist jener
Zeitalter, die noch einen Knick in der Optik hatten. Jutta Scheiner spürt in ihrer Malerei dem immerwährenden Sommernachtstraum einer Kindheit nach, der überschattet war von dem Exodus der Siebenbürger Sachsen aus dem Rumänien Ceauseșcus.
In Frank Siewerts Arbeiten kämpfen Kunst und Wissenschaft wie der Kaspar und der Teufel miteinander. Dabei erzeugen sie Schwingungen, die sich wie die heftigen Ausschläge eines irren Seismographen über und unter seine Bilder legen. Und Igor Tatschke ficht mit dem Pinsel gegen Windmühlen, doch ihre Flügel entpuppen sich als Zeiger einer Uhr, auf welcher ganze Zeitalter in Sekunden fristlos verjähren.


»Personal Jesus« (Malerei)
Eröffnung am 14. 05. 2021 von 18 bis 21 Uhr
Ausstellungsdauer vom 15. 05. bis 23. 05. 2021
Öffnungszeiten: Mo – Fr 15 – 18:00, Sa – So 12 – 18:00 | Gethsemanekirche, Stargarder Straße 77, 10437 Berlin,
hg@staatsgalerie-prenzlauerberg.de.
In Zusammenarbeit der Staatsgalerie Prenzlauer Berg mit der Evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg Nord. Besonderer Dank an Jasmin El-Manhy und Tobias Kuske. Gefördert durch das Kulturamt Pankow.